Konzertreview © GetAddicted.org Oktober 2009

von Jens Büttner

 Masters Of Reality

(Vorband Persona non Grata) 08. Oktober 2009 @ Matrix, Bochum

UNNACHAHMLICH UP IN IT

Irgendwie scheint es sich nicht so richtig herumgesprochen zu haben, dass an diesem Abend der Erfinder eines ganzen Genres auf die Bühne der Matrix steigen wird. Vielleicht 250 Leutchen haben den Weg in den Bochumer Keller gefunden, als gegen 22 Uhr die Vorband mit dem langen Namen "Vic du Monte's persona non grata" die Bühne entert.

Kürzlich hieß die Truppe noch "Vic du Monte's idiot prayers", was einen auch nicht weiterbringt, wenn man nicht weiß, dass besagter Vic Du Monte im bisherigen Leben des öfteren unter dem Namen Chris Cockrell auftauchte.

Da klingeln dann bei Freunden des Stoner Rocks die Ohren in den schrillsten Alarmtönen, denn der Mann war 1989 Gründungmitglied von Kyuss und hat damit lebenslang Legendenstatus. Darüber hinaus  hat er in seinem aktuellen Line-Up gleich noch den letzten Kyuss-Drummer Alfredo Hernandez mit an Board.

Es ist also eine ziemlich schwere Bürde, die das Quartett im Vorprogramm der Masters of Reality da zu tragen hat, aber sie lösen ihre Aufgabe ganz passabel, indem sie gar nicht erst den Anschein erwecken, hier könnte eine Band auf der Bühen stehen, die musikalisch irgendetwas mit Kyuss zu tun hat. Stattdessen gibt es ziemlich punkige Rocknummern, die ab und zu etwas Blues durchschimmern lassen und gelegentlich auch eine Ecke Country-Musik mitbringen. Nichts überwältigendes, aber auf jeden Fall eine energiegeladene Mischung ehrlicher Musik.

Was dann folgt, darauf haben Fans in Deutschland seit acht Jahren gewartet. 2001 führte die "Deep in the hole"-Tour die Gruppe um Mastermind Chris Goss zum letzten Mal in unsere Gefilde, und es sah eine Zeit lang so aus, als ob es das letzte Mal gewesen sein könnte, denn eigentlich hatte der Begründer des Stoner Rock seine Instrumente an den Nagel gehängt, um nur noch seiner Produzenten-Tätigkeit nachzugehen. Als solcher hatte er unter anderem den schon erwähnten Kyuss ihren brachialen Wüstensound verliehen und die Queens of the Stone Age ins rechte Soundgewand gekleidet. Doch scheinbar konnte der Mann, der gerade seinen 50-sten Geburtstag gefeiert hat, die Finger dann doch nicht still halten und brachte im Sommer mit "Pine/Cross Dover" das gefeierte fünfte Studio-Album in der 23-jährigen Band-Geschichte heraus. Das gilt es zu supporten und so stehen die Masters an diesem Abend auf der Bühne der Matrix, und haben auch trotz der luftigen Reihen im Publikum jede Menge Spaß.

Im Mittelpunkt stehen natürlich zunächst auch neuere Songs wie "Absinthe Jim and me" oder "Dreamtime stomp", und so dauert es seine Zeit, bis bei der grandiosen Zehn-Minuten-Version von "Doraldina's Prophecies" das Eis endgültig gebrochen ist. Der Chef fühlt sich sichtbar wohl auf der Bühne, und rockt trotz einer sichtbaren Kilogramm-Differenz zur letzten Tour kräftig das Haus. Angesichts eines zu ihm nach oben gereichten Kräuertlikörs erklärt Goss dem Publikum, dass er gerne und oft Jägermeister trinkt - und zwar nicht, weil er dafür bezahlt würde, sondern, weil es ihm schmeckt. Weniger spaßig findet er die CD, die dem Produzenten aus der ersten Reihe zugeschoben wird. "Other musicians are getting flowers ..." Er dagegen bekomme immer CDs - was soll er jetzt damit machen? "Ich geh gleich mal reinhören, sorry Leute, ihr müsst jetzt mal einen Moment warten", grinst er kopfschüttelnd. "They'll never learn ..."

Weiter geht es mit Musik: Das perfekt eingespielte Quartett mit Mathias Schneeberger am Keyboard, Paul Powell (Bass) und John Leamy (Drums) gibt ordentlich Gas und zeigt sich enorm spielfreudig. Zum Teil rocken sie sehr ungewöhnliche und gejammte Versionen vor allem der älteren Stücke. "John Brown" zum Beispiel braucht eine gute Viertelstunde, bis sich aus dem Intro der Song entwickelt. "Up in it" erklingt zunächst weihnachtlich, bis der unnachahmliche Groove aus den Matrix-Boxen ballert. Gut zwei Stunden rocken Meister Goss und seine Mitstreiter bis die Lichter angehen - und kommen hoffentlich nicht erst wieder in acht Jahren wieder.