Masters of Reality - Serve The Song
By Curt Keplin © Alternativenation 2001

Chris Goss ist ein tausendsassa. zumeist betreibt das arbeitstier und produzentengenie mehrere projekte gleichzeitig und scheint seinen kreativen output nie stoppen zu können. mit dem diesjährigen europa-trip seiner band den Masters of  Realiy konnte sich der meister des stoner rocks einen langjährigen wunsch erfüllen und war mit seinen kumpels nick oliveri und josh homme von den QOTSA zusammen auf tour. vor dem Masters of Reality-gig in der hamburger markthalle am 13.12.2001 hatten wir einem äußerst freundlichen chris goss ein paar fragen gestellt und folgende antworten bekommen.

an: soweit ich weiß, habt ihr während den aufnahmen zu deep in the hole ein paar alltagsgegenstände verwendet. unter anderem soll ein song zum teil in einer küche entstanden sein. wie bist du auf diese idee gekommen und welche intention steckt dahinter?

chris: manchmal, wenn du aufnimmst kommt es vor, dass du einen speziellen ton benötigst. bei uns war es zum beispiel so, dass wir ein sehr grosses schlagzeug brauchten, nur leider war keins aufzutreiben, da wir uns zum zeitpunkt der aufnahmen mitten in der wüste aufhielten. in der küche von meinem studio befand sich aber eine metalplatte, die sich wie ein grosses schlagzeug anhörte und wir haben stattdessen dann darauf eingehämmert. ab und zu muß man versuchen ein natürliches objekt als ersatz für ein musikinstrument zu finden.
gelegentlich ist es einfach leichter es so zu machen. (schlägt mit einer gabel gegen ein fenster.) gewußt wie!

an: deep in the hole ist ein sehr rockendes album mit viel drive geworden. eine sache, die zusätzlich noch auffällt ist der positive vibe auf der platte. auf der anderen seite beschäftigen sich deine texte mit einer todes-obsession. wie passen diese beiden aspekte in deiner musik zusammen?

chris: so hat mein "favorite rock" immer ausgesehen. led zepplin und the doors haben sich auch immer mit dem leben danach beschäftigt. rock musik und todes-phantasien passen gut zu einander, sie gehen hand in hand.
"rock, sex and drugs - same old shit!"

an: o.k., alles klar. ich hatte das auch nur gefragt, weil die positive stimmung und die dunklen so einen kontrast bilden...

chris: sie passen schon zusammen. man sollte es wie ein ritual ansehen. wir haben doch auch jedes jahr ostern, weihnachten und ferien. und in dem wir diese sachen feiern, akzeptieren wir sie. rock `n roll ist auch ein ritual. wenn du jetzt in einem rock-song über leben & tod und die freude an beidem singst, ist das auch wieder ein ritual.

an: es gibt ein paar gerüchte, dass uns nächstes jahr eine Desert Session, QOTSA, Masters of Realiy tour ins haus steht. kannst du schon etwas genaueres zu diesem plan sagen?

chris: wir arbeiten daran. mal schauen, ob es klappt. das wäre grossartig. jetzt heute abend mit nick (oliveri) und josh (homme) auf der bühne stehen zu können, ist aber auch schon fantastisch.

an: das führt mich auch gleich zu meiner nächsten frage. mark lanegan, nick oliveri und josh homme haben auf dem neuen Masters of Reality album mitgewirkt. könntest du etwas über den arbeitsprozess mit ihnen sagen? es sieht so aus, als ob ihr viel spass zusammen hattet.

chris: ja, absolut. es macht immer spass mit diesen leuten zusammen zu arbeiten. es geht immer locker zu. ich mache einfach keine miesen platten, mit miesen leuten. ich meine es gibt so viele schlechte rockstars in diesem geschäft, die denken man muß leiden um gute rock musik zu machen. ich sehe das aber nicht so. wir haben die meiste zeit gelacht, als wir dieses album aufnahmen. immer wenn josh und ich zusammenarbeiten macht es spass.

an: das merkt man auch auf der platte...

chris: ja, ich bin ein produzent, der einen guten vibe im studio braucht. auf der anderen seite gibt es genug produzenten, bei denen sich der vibe wie eine "doctors` office" anfühlt. also, sehr streng. so bin ich nicht. die zusammenarbeit mit meinen freunden war grossartig und unkompliziert.

an: ich denke auch, dass der lockere umgang und die gemeinschaft all dieser "wüstenmusiker" irgendwo das erfolgsrezept von stoner bzw. desert rock ausmacht. sehe ich das richtig?

chris: ach, ich weiß gar nicht so recht, was mit stoner oder desert rock gemeint ist. ich denke wir sind einfach freunde. in unserem fall sind wir mittlerweile eine 20-köpfige truppe, wenn man die ganzen bands wie earthlings?, QOTSA und den Masters of Realiy zusammenfasst. in dieser gruppe kennt auch jeder die vorlieben und abneigungen des anderen und weiß wo "the line gets drawn". quasi nach dem motto: "wie oft kann ich jemanden ankacken, bevor er wirklich angepisst ist. und wie oft so etwas ein spass ist." wir kennen ganz einfach die grenzen des anderen sehr gut.
genauso ist es mit den drogen. manche in der gruppe nehmen überhaupt keine. andere hingegen rauchen nur grass und nehmen keine anderen drogen. und dann gibt es wieder leute, die kein grass rauchen, dafür aber andere drogen nehmen. es ist nicht wie in der schule, wo bestimmte regeln gelten. es gibt keine regeln, bis auf eine regel, die ich für alle musiker eingeführt habe mit denen ich zusammenarbeite: "serve the song
(diene dem song). there is only one master, the song is the master."
und so limitierst du das ego von jedem musiker. das ego des songs ist das einzige ego, auf das es ankommt.

an: wohl wahr. für mich ist stoner rock auch eine musikrichtung, die im vergleich zu new metal oder so etwas schwer zu hypen ist. denkst du, dass eure musik mal wirklich populär werden könnte? wie siehst du die zukunft von stoner rock?

chris: ich kümmere mich nicht um die zukunft. es wird dorthin gehen, wo es hin will. wenn ich aber in die zukunft sehen müßte, stimme ich mit dir überein, dass eine musikalische bewegung abzusehen ist. es gibt viele bands, die ihren stil von dem anderer bands abkupfern. in gewisser weise ist das auch o.k., aber wenn du wirklich etwas erreichen willst, sei du selbst. mach dein eigenes ding.

an: zur zeit nimmst du eine platte mit dem cyper-punk-girl roxy saint auf. was können wir davon erwarten?

chris: madonna meets marilyn manson. es wird blutiger glamour. es wird sich nicht so anhören, wie alles andere, dass ich je zuvor gemacht habe.

an: produzierst du diese dame nur?

chris: produzieren und lyrics schreiben.

an: und ein chris goss solo album soll es auch noch geben. auf was können wir uns da gefasst machen?

chris: ein akustik album. über die jahre haben sich viele tracks angesammelt, die sehr leicht sind. ich liebe es einfach mich hinzusetzen und akustik songs zu spielen. ab und zu genieße ich das sogar mehr als elektronische musik. durch led zepplin habe ich gelernt akustik songs zu spielen. es hat also auch diesen stil.

an: und wann wird die platte rauskommen?

chris: irgendwann im frühjahr. damit würde ich auch gerne auf tour gehen. ich habe vor ein paar monaten eine akustik-show in l.a. gespielt und meinen ganzen freunde waren auch dabei. es kommt dir vor, als ob du im wohnzimmer folks songs spielst. ich habe das sehr genossen.

an: ihr seid ja zur zeit auf europa tour. wie läuft es bis dato? welche erfahrungen habt ihr speziell hier in deutschland gemacht?

chris: zur zeit bin ich ein bißchen krank. ich habe mir vor knapp einer woche in berlin eine erkältung zugezogen und jetzt hat sie jeder von uns. aber ansonsten ist es grossartig gelaufen. das publikum war grossartig und wir haben in gut gefüllten clubs gespielt.
wir haben viel "mental damage" veranstaltet. es war eine riot, ich wünschte, sie würde nie aufhören. ich war vorher nie zusammen mit
josh
und nick zusammen auf tour, obwohl ich schon seit elf jahren mit ihnen zusammenarbeite. es ist einfach nur grossartig.

an: ich habe die information erhalten, dass ein teil eurer konzerte aufgezeichnet wurde. was wird mit dem material geschehen?

chris: das werden wir sehen. ich muß es mir zuerst anhören.

an: wurde denn gefilmt oder aufgenommen? vielleicht könnte es eine dvd geben...

chris: beides. es könnte dvd geben, aber ich muß gut aussehen.

an: das ist das wichtigste. du arbeitest ja nun sehr viel und wirkst bei vielen verschiedenen projekten mit. denkst du, dass du all deine fähigkeiten bei solch einer vielzahl an projekten einbringen kannst?

chris: ich bin einfach an vielen musikstilen interessiert. vielleicht mach ich sogar irgendwann mal klassische musik. es gibt keine limits. ich mache das was ich will. das wechselt von jahr zu jahr. ich habe keinen masterplan. eigentlich bin ich ein ziemlich fauler typ.

an: lass uns über etwas anderes abseits der musik sprechen. in einem interview mit dem deutschen musikmagazin visions hast du gesagt, dass weitere gewalttaten, terroranschläge und blutbäder möglich sind aufgrund der globalen medien realität mit dem internet etc. ich schreibe für ein internetmagazin und mich würde deine meinung zum internet im allgemeinen interessieren. wie findest du dieses medium?

chris: ich weiß jetzt nicht, ob es nun speziell das internet ist, aber die massenmedien im allgemeinen sind sehr gefährlich, weil sie einem keine zeit lassen dinge zu verdauen. da ist keine zeit für die öffentlichkeit die informationen zu erhalten und darüber nachzudenken. dadurch, dass sich die nachrichten immer schneller verbreiten und die gewalttaten blutiger werden, sind wir näher an "shit crick" als jemals zuvor. ich weiß jetzt gar nicht wie du "shit crick" übersetzen willst, aber diese ganze mediengeschichte ist absolut nicht gut.

an: ja, einfach zu viele informationen...

chris: genau! wenn jetzt ein diktator von irgendeinem volk furzt, weiß es sofort die ganze welt. "who gives a fuck!" wirklich jetzt! ob du nun flurputzer, bäcker oder rock musiker bist. "who gives a fuck?" letztendlich versuchst du doch nur dich und deine familie zu versorgen. aber die medien machen geld aus der panik und paranoia der leute. sie lieben panik, dass lässt die leute einschalten. ich finde das ganze böse.

an: noch eine andere frage. was hältst du von der regierung g.bush?

chris: ich bin ein konservativer. ich sehe lieber einen dummen farmer wie g.bush, als so einen "hollywood pretty boy" wie clinton, der die medien manipuliert. das überrascht viele leute, aber ich denke, dass g.bush nicht so ein lügner ist. er ist, was er ist - ein einfach gestrickter typ. clinton hingegen war ein sehr komplexer lügner. und ich denke, dass ist gefährlicher als ein einfacher mann zu sein.

an: o.k., letzte und obligatorische frage. welcher künstler bzw. welche bands haben dich dieses jahr besonders begeistert?

chris: ich mag Björk. ich denke, sie ist unser musikalisches genie der dekade.

an: ja, ich habe sie vor ein paar wochen in berlin spielen gesehen. es war unglaublich...

chris: yeah. wie kann man sie nicht lieben?

an: recht hast du. vielen dank für dieses gespräch.

chris: yeah. danke für eure unterstützung. zeit für ein paar drinks jungs!