© Visions 2001

Autor: Andreas Kohl

Bild: S. Malzkorn

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Berlin - Columbia Fritz vom 05.12.2001
MASTERS OF REALITY
Support: Ojo Rojo,
Besucher: 500

Chris Goss hat nie ein Geheimnis aus seiner Begeisterung für Cream gemacht. Deren Ausnahmedrummer Ginger Baker spielte sogar auf dem Masters-Werk “Sunrise On The Sufferbus” mit. Dass es allerdings tatsächlich noch einmal jemand schaffen würde, eine wirkliche Supergroup, deren Mitglieder allein durch ihre Präsenz den state of the art kontemporärer Rockmusik repräsentieren, auf einer Bühne zu versammeln, hat man nicht einmal ihm zugetraut.

Und so erntete die Aussicht auf die Besetzung dieser Tour zuerst auch ungläubiges Kopfschütteln bei Fans und wohl gesonnenen Hörern. Doch nun ist sie wahr geworden. Nichts weniger als Cream 2001 erhebt sich mit Josh Homme, Nick Olivieri, Chris Goss und John Leamy aus dem Nebel, bestehend aus Feedback und Intensität, der den Beginn des Konzertes einläutet. Die Berliner Ojo Rojo haben mit ihrem treibenden Wummsrock den roten Teppich adäquat ausgerollt und die sicher nicht leichte Aufgabe des Supports meisterlich gelöst. In tiefrotes Licht getaucht präsentiert sich Chris Goss, auf dessem überdimensionierten Leib eine Gitarre aussieht wie eine Ukulele, als Gestalt mit fast messianischer Erscheinung. “Deep In The Hole”, der Titelsong des aktuellen Albums, hämmert in glasklarem Sound auf ein Publikum, das vor Erwartung fast zerplatzt.

Es wird nicht enttäuscht.

Die Wirkung, die die erstaunlich reduziert zu Werke gehende Band hinterlässt, könnte intensiver nicht sein. Während man bei den ersten Songs noch mit gefrorenem Blut in den Adern völlig versteinert nach vorne schaut, löst sich die Spannung spätestens bei “Doraldina’s Prophecies” und schlägt in frenetische Begeisterungsstürme um. Die Band spielt unglaublich tight und professionell. Goss verzichtet dieses Mal auf schmückendes Beiwerk wie einen Keyboarder oder eine Lightshow. Höchstens einmal pro Song wechselt die Farbe des Bühnenlichts, und auch Nick Olivieri behält heute die Hose an. Josh Homme steht, eins mit seiner Gitarre, am rechten Bühnenrand und wirkt wesentlich konzentrierter als bei den Shows mit seiner Hauptband Queens Of The Stone Age, während Goss in der Mitte schlicht und einfach Chef ist.

Er raucht Kette, natürlich, und scherzt zwischen den Songs mit dem Publikum. “A Wish For A Fish”, “100 Years” und “High Noon Amsterdam” folgen aufeinander, bevor mit dem Boogie “She Got Me” der offizielle Teil der Show beendet wird. Nach zwei langen Zugabenblöcken, mit u.a. “John Brown”, ist dann endgültig Schluss. Der Alltag hat uns wieder, und doch ist nichts wie vorher.